Eine Fahrradfahrerin war im Winter früh morgens auf einem zentralen Verkehrsknotenpunkt auf nicht gestreutem Klinkerpflaster des Fahrradweges gestürzt, als sie ihren Sohn zur Schule begleitete. Dabei zog sie sich nicht unerhebliche Verletzungen zu. In der zweiten Nachthältfe hatte sich Glatteis gebildet, da die Temperaturen plötzlich auf Minusgrade abgesunken waren. Die Radfahrerin verlangte von der Gemeinde Schadensersatz und Schmerzensgeld. Die Gemeinde berief sich im Prozess darauf, dass sie entsprechend ihrer Satzung erst ab 7:30 Uhr zum Streuen der Straßen verpflichtet sei. Der Unfall ereignete sich jedoch zwischen 7:00 und 7:30 Uhr. Das OLG Oldenburg verurteilte die Gemeinde zur Leistung von Schadensersatz und Schmerzensgeld, sprach der Fahrradfahrerin jedoch ein Mitverschulden zu. Das OLG Oldenburg wies darauf hin, dass Radfahrer auf Radwegen – anders als Fußgänger auf Gehwegen und Fußgängerüberwegen – keinen generellen Anspruch auf das Bestreuen des ihnen zur Verfügung stehenden Verkehrsraums haben. Eine Streupflicht besteht nur dann, wenn es sich um eine “gefährliche Fahrbahnstelle” handelt. Das OLG Oldenburg entschied weiter, dass auch die Gemeindesatzung die Gemeinde nicht von ihrer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht entbinde und die Streupflicht auch bereits vor 7:30 Uhr bestand. Dies sei darauf zurück zu führen, dass Schulbeginn in der Gemeinde bereits um 7:30 Uhr sei und auch die ortsansässigen Discounter bereits um 7:00 Uhr öffnen. Die Gemeinde musste daher damit rechnen, dass Bürger auch bereits vor 7:30 Uhr die Radwege mit dem Fahrrad befahren. Nach dem Urteil des OLG Oldenburg hat die Gemeinde daher im Winter auch dann eine Streupflicht vor einer in der Satzung festgelegten Urzeit, sofern es sich bei der zu streuenden Straße um eine “gefährliche Fahrbahnstelle” handelt.
(OLG Oldenburg, Urteil vom 30.04.2010, Az.: 6 U 30/10)
Bei erkennbar deutlich schlechten Straßenverhältnissen muss sich der Verkehrsteilnehmer auf die Gegebenheiten einstellen und mit entsprechenden Gefahren rechnen. Ein Motorrollerfahrer befuhr eine ländliche, ca. 4 m breite Kreisstraße ohne Fahrbahnmarkierung und mit geringem Verkehrsaufkommen. In einer leichten Rechtskurve stürzte der Fahrer in der Nähe eines Schlaglochs am äußersten Fahrbahnrand. Er erlitt dabei u.a. einen Schlüsselbeinbruch und mehrere Rippenbrüche. Nach Angaben des Fahrers war ihm ein PKW entgegen gekommen, so dass er auf Grund der Enge der Straße bis ganz an den rechten Fahrbahnrand ausgewichen sei. Dort sei er in das etwa 15 cm tiefes Loch gekommen, ins Schlingern geraten und gestürzt. Das OLG Schleswig hat die Schadensersatzansprüche und Schmerzensgeldansprüche gegen den Kreis Bad Segeberg zurück gewiesen. Der Umfang der Verkehrssicherungspflichten betreffend die Unterhaltung einer Straße hänge neben der Verkehrsbedeutung der Straße entscheidend davon ab, welche berechtigten Sicherheitserwartungen der Straßenverkehrsteilnehmer in der konkreten Situation haben durfte. Das OLG Schleswig führte aus, dass durchgängig teils großflächige Flickstellen im Teer erkennbar gewesen sein wären und sich darüber hinaus deutliche Unregelmäßigkeiten im Übergang der Fahrbahn zur unbefestigten Bankette befänden. Insgesamt befindet sich die Straße in einem Zustand, der Führer von Zweirädern zu besonderer Vorsicht ermahne. Dies ergibt sich daraus, dass diese bekanntlich bei wechselnden Straßenbelägen erheblich sturzgefährdet seien. Der Fahrer sei gehalten gewesen, sich entsprechend auf die sich ihm darbietenden Verhältnisse der Straße einzustellen und hätte dabei mit Gefahren rechnen müssen.
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