Nichttragen eines Fahrradhelms – Teil III (BGH Urtl. v. 17.4.2014)

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 17.4.2014 das Urteil des OLG Schleswig – welches ein Mitverschulden der Radfahrerin beim Nichttragen des Fahrradhelms bejaht hatte -  aufgehoben und gab der Klage im vollen Umfang statt.

Das Nichttragen des Fahrradhelms stellt nach Ansicht des BGH kein Mitverschulden dar, da dass Tragen eines Fahrradhelms für Radfahrer gerade nicht vorgeschrieben ist. Ein Mitverschulden wäre nur dann anzunehmen, wenn das Tragen eines Fahrradhelms zur Unfallzeit nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein zumutbar und erforderlich gewesen wäre. Dies war aber nicht der Fall.

Offen lies der BGH hingegen, inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung das Nichttragen eines Fahrradhelms ein Mitverschulden begründen kann. Ob für Rennradfaher eine generelle Helmpflicht besteht, ist damit weiterhin offen.

(BGH Urt. v. 17.04.2014 – VI ZR 281/13)

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Nichttragen eines Fahrradhelms – Teil II (OLG Celle)

Ein Fahrradfahrer muss sich nur in Ausnahmefällen, nämlich dann wenn er sich als “sportlich ambitionierter Fahrer” auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen. Das OLG Celle entschied in seinem Urteil vom 12.02.2014, entgegen der Auffassung des OLG Schleswig, dass dem Radfahrer an der Entsteheung der unfallbedingt eingetretenen Verletzungen wegen Nichttragens eines Fahrradhelms kein Mitverschulden nach § 254 BGB anzulasten ist. Eine Obliegenheit zum Tragen des Fahrradhelms besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Radfahrer weder zu schnell, noch den Straßenbedingungen unangepasst gefahren ist, sich lediglich auf einer Trainingsfahrt befunden hat und dabei völlig unauffällig gefahren ist. Ein Radfahrer ist nur dann aus Eigenschutzgesichtspunkten gehalten einen Fahrradhelm zu tragen, wenn er sich als sportlich ambitionierter Fahrer auch außerhalb von Rennsportveranstaltungen besonderen Risiken aussetzt. Parallelen zu sportlichen Betätigungen wie Reiten und Skifahren können nicht gezogen werden. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Tragen von Fahrradhelmen besteht gerade nicht.

(Urteil des OLG Celle vom 12.02.2014 – 14 U 113/13)

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Sturz eines Rennrads mit schmaler Bereifung in einem Spalt zwischen Abdeckplatten in einer Werkseinfahrt

Ein Mitglied eines Radsportclubs, der als eingetragener Verein organisiert ist, begab sich zu einem Firmenparkplatz, von wo aus eine Vereinstour ihren Ausgang nehmen sollte. Auf der Ausfahrtspur von dem Betriebsgelände, aber noch auf dem Betriebsgelände gelegen, befand sich quer zu den Fahrbahnen ein Kabelschacht, der eben zur Fahrbahnoberfläche durch nebeneinanderliegende in Metall gefasste Platten abgedeckt war.

Hier geriet der Rennradfahrer mit den schmalen Vorderreifen seines Rennrads in einen Spalt zwischen zwei nicht bündig schließende Platten und überschlug sich. Hierbei zog er sich nicht unerhebliche Verletzungen zu, so dass er im Krankenhaus stationär behandelt werden musste.

Das OLG Koblenz vertrat die Auffassung, die Werkseinfahrt sei umfassend verkehrssicher gestaltet gewesen, so dass hier keine Ansprüche geltend gemacht werden konnten. Insbesondere lag kein Verstoß gegen eine obliegende Verkehrssicherungspflicht vor. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass Sicherungspflichten, die von berechtigten Nutzern eingefordert werden konnten, nicht verletzt worden seien. Diese Pflichten bestanden nur insoweit, als nageliegende Gefahren für deren Rechtsgüter abzuwenden waren. Es seien alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen geworden. Der Werkseinfahrtsbereich war von einem Kabelschacht durchzogen, der sich aus der Natur der Sache als Verkehrshindernis auswirkte und deshalb abgedeckt werden musste. Das Gericht wies darauf hin, dass eine solche Abdeckung zum einen eine große Stabilität, zum anderen aber auch eine gewisse Beweglichkeit erfordere, wozu an einer Stelle ein gewisses Spiel zur Verfügung stehen musste.

Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer gewissen Spaltenbildung kommen würde. Diese Spaltenbildung habe sich in einem vertretbaren Rahmen gehalten, da vorliegend eine lediglich 2,5 cm breite Öffnung vorhanden gewesen sei. Für den gewöhnlichen Verkehr stelle eine solche Öffnung keine Probleme dar. Auch für gewöhnliche Fahrräder kein Risiko vorhanden gewesen da deren Reifen gewöhnlich breiter als der vorgefundene Spalt sind. Dass schmal bereifte Rennräder über die Schachtabdeckung fahren würden, lag außerhalb der üblichen Nutzung.

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass es an einer rechtserheblichen Gefahrenlage fehlte, so dass keine weiteren Sicherungsmaßnahmen hätten getroffen werden müssen. Die Schachtabdeckung war klar erkennbar und auf einen bündigen Schluss einzelner Platten sei kein Verlass gewesen. Die Unfallstelle lag in vollem Tageslicht und der Radfahrer wusste um die geringe Breite seiner Fahrradreifen.
(Beschluss des OLG Koblenz v. 08.02.2012  – 5 U 109/12)

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Kein Mitverschulden eines Rennradfahrers für die bei einem Unfall mit einem KfZ erlittenen Verletzungen wegen Nichttragens eines Fahrradhelms (Urt. d. LG Kolblenz vom 04.10.2010)

Ein Rennradfahrer kollidierte mit einem ihm aus der Gegenrichtung entgegenkommenden VW-Bus, als dessen Fahrer auf Grund nicht angepasster Geschwindigkeit die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Der Rennradfahrer prallte mit seinem Kopf gegen die Windschutzscheibe des entgegenkommenden VW-Bus. Der Unfall war für den Rennradfahrer unvermeidbar. Zum Unfallzeitpunkt trug der ambitionierte Rennradfahrer keinen Fahrradhelm, sondern lediglich eine Wollmütze. Das Landgericht Koblenz vertritt die Auffassung, dass dem Rennradfahrer kein Mitverschulden trifft, indem er auf das Tragen eines Fahrradhelms verzichtet hat. Die Annahme eines Mitverschuldensvorwurfs erfordert die Feststellung, dass sich der Geschädigte nicht verkehrsrichtig verhalten hat. Die für eine Mithaftung nötige Voraussetzung, wonach das Tragen eines Fahrradhelms zur Unfallzeit nach dem allgemeinen Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich gewesen sein muss, ist vorliegend nicht erfüllt.

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