Auch ein „Geisterfahrer“ auf dem Radweg behält sein Vorfahrtsrecht. Dies entschied das OLG Hamm. Eine Radfahrerin befuhr einen Fahrradweg entgegen der Fahrtrichtung. In diese Richtung war der Radweg für sie nicht freigegeben. Von links kam aus einem verkehrsberuhigten Bereich ebenfalls ein Radfahrer, der nach rechts auf den Fahrradweg abbiegen wollte. Im Einmündungsbereich war die Sicht durch Sträucher eingeschränkt und die beiden Radfahrer stießen hier zusammen. Die Geisterfahrerin kam zu Fall und erlitt mehrere Frakturen. Dennoch hat das OLG Hamm ihr ein Schmerzensgeld und Schadensersatz zugesprochen, da der andere Fahrradfahrer gegen die Vorschrift des § 10 StVO verstoßen habe. Diese verlangt von demjenigen, der aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf eine Straße einfahren will, dass er die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausschließt. Der Radfahrer hätte nicht nur die Verletzung verhindern müssen, er hätte bereits die Gefährdung ausschließen müssen, in dem er besonders vorsichtig auf den Radweg hätte einbiegen müssen. Dass die Radfahrerin ihrerseits einen Verstoß begangen hat, in dem sie entgegen der Fahrtrichtung den Radweg befuhr, hat das Gericht lediglich veranlasst ein Mitverschulden in Höhe von 1/3 anzunehmen. Die überwiegende Haftung trifft den einbiegenden Radfahrer, weil ihn ein besonders schwerer Sorgfaltspflichtverstoß trifft. Der Radfahrer hätte die Gefahr erkennen und daher vorsichtig an den Radfahrweg heranfahren müssen. Andererseits durfte die Geisterfahrerin auch nicht darauf vertrauen, dass ihr grundsätzliches Vorfahrtsrecht beachtet werden würde.
WeiterlesenEin Fahrzeug war abgeschleppt worden, weil es teilweise auf einem Radweg abgestellt war. Davor stand eine Reihe weiterer Fahrzeuge, die noch weiter in den Radweg hineinragten als das abgeschleppte Fahrzeug. Der Fahrer des Fahrzeugs wandte sich erfolglos gegen die festgesetzten Abschleppgebühren. Nach Auffassung des OVG Münster ist ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Fall der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern regelmäßig geboten. Entsprechendes gilt für das nicht nur unerhebliche Hineinragen eines Fahrzeugs in einen Radweg. Radfahrer müssen grundsätzlich nicht damit rechnen, dass der Radweg auch nur teilweise blockiert ist. Dieses gilt umso mehr, wenn in beiden Fahrtrichtungen eine Benutzungspflicht angeordnet ist. Zwar sei ein Abschleppen parkender Fahrzeuge nicht bereits bei jedem minimalen Hineinragen in einen Radweg gerechtfertigt, anders verhält es sich jedoch, wenn Gefahren durch das Abschleppen beseitigt werden, die einen Radweg mehr als nur unwesentlich einengen. Im konkreten Fall stand die Vorderseite des Fahrzeugs mehr als zur Hälfte auf dem Radweg, so dass für den Radverkehr nur noch etwa 2/3 der Gesamtbreite des für den Gegenverkehr ausgebauten Radweges verblieb. Das OVG Münster kam zu dem Schluss, dass das Fahrzeug jedenfalls für den Radverkehr in Gegenrichtung ein deutliches Hindernis darstellte und damit eine konkrete Gefährdung bot.
(Beschluss des OVG Münster vom 15.04.2011, Az.: 5 A 954/10)